Montag, 18. Oktober 2010

Momente - Ausbrechen

Wir bogen gerade mit dem Wagen langsam im Zwielicht des späten Abends im die enge Straße ein, die uns zum Parkplatz in der Nähe den kleinen Kirchhofs des Dorfes bringen sollte, in dem wir uns einige Tage Auszeit gönnten. In die engen Gassen des Dorfs am Berghang traute ich mich nur fürs Ausladen unseres Gepäcks, ansonsten ließ ich den Wagen immer außerhalb am Dorfrand stehen. Am Wegrand ging ein Ehepaar, schätzungsweise Anfang fünfzig, leger aber makellos gekleidet. Vor ihnen lief, wie mir schien ein sehr kleiner Hund, der sich alle naselang zu ihnen umdrehte. Meine Begleiterin rief aus, dass dies kein Hund sei (wie wir beide erst angenommen hatten), sondern eine Katze, ein Jungtier. 
Wir hatten besagten Kirchhof erreicht und während wir unsere Rucksäcke aus dem Kofferraum holten passierten uns die drei Spaziergänger, das Ehepaar freundlich grüßend. Wenige Schritte weiter trafen wir wieder auf das Paar. An einem Wegweiser, der auch eine Straßenkarte des Dorfes aufwies, teilte sich der Weg. Der Weg rechts entlang führte wenige hundert Meter zu unserer Unterkunft. Der Weg links führte bergauf in den höhergelegenen Teil des Dorfes. Die Frau stand am Wegweiser während die Katze unter diesem in unsere Richtung miaute, irritiert von der Wahlfreiheit, uns oder das andere Ehepaar als neue Rundumversorger auszuwählen. Der Mann war schon ein Stück den Linken Weg hinaufgegangen und meinte, in unsere Richtung, die Katze würde ihnen schon seit 1,5 Kilometern hinterherlaufen. Seine Frau hatte sich unterdessen etwas vom Wegweiser in seine Richtung entfernt. Als sie sahen, dass die Katze unschlüssig an ihrem Platz verweilte, wetzten beide wie auf Befehl die steile Straße hinauf. Dabei ließen sie einfach für einen Moment die Fassade ihrer redlich distinguierten Bürgerlichkeit fallen und kicherten und lachten ob ihrer spitzbübischen Verschworenheit. Die reine Lebensfreude. 
Meine Begleiterin und ich lächelten darüber, diesen kurzen Moment der Befreiung von Konventionen, wenn Menschen sich einfach dem eigenen Impuls hingeben, miterlebt zu haben. Die Katze folgte uns nicht. Sie wähle eine weitere Alternative aus und trippelte durch den nächsten Hauseingang – in dieser Gegend werden die Türen erst spät abends verschlossen – und maunzte sich wohl dort eine Schüssel Milch zusammen.

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